Trotz großer Erwartungen und vielversprechender Neuzugänge verzichtete Trainer Dominik Glawogger beim Saisonauftakt des SV Waldhof Mannheim gegen den SC Verl auf frische Kräfte: Kein einziger Neuzugang stand in der Startelf. Dieser überraschende Verzicht wirft Fragen auf: Setzt der Coach bewusst auf Kontinuität oder sind die neuen Spieler noch nicht fit und integriert genug?
Nach dem dramatischen Klassenerhalt am 19. Mai 2025 (letzter Spieltag der Vorsaison) ging der SV Waldhof Mannheim mit einer großen Portion Optimismus in die Saison 2025/26. Nach intensiven Gesprächen einigte sich der Verein mit Jahn Regensburg und konnte Cheftrainer Dominik Glawogger halten. Sport‑Geschäftsführer Gerhard Zuber lobte seinen kühlen Kopf im Abstiegskampf und hob hervor, dass der Trainer in der „angespannten Situation des Abstiegskampfs Ruhe bewahrt“ habe.
Glawogger bedankte sich für das Vertrauen und kündigte an, „Spielweise und Fitness“ zu verbessern und weiterhin auf Zusammenhalt zu setzen. Sportdirektor Mathias Schober hob dessen akribische Arbeit hervor, die der Mannschaft eine „klare Handschrift“ verliehen habe. Während der Sommerpause wurde der Kader gezielt verstärkt. Trotzdem überraschte die Startelf im ersten Ligaspiel: Kein einziger Neuzugang stand in der Anfangsformation.
Die neuen Gesichter und ihre Versprechen
Emmanuel Iwe – Geschwindigkeit und Durchschlagskraft
Am 20. Juni 2025 meldete der Verein die Verpflichtung des 24‑jährigen Flügelspielers Emmanuel Iwe von SV Sandhausen. Der in Nigeria geborene US‑Amerikaner erzielte in der Vorsaison sieben Scorerpunkte in 30 Drittligapartien. Zuber erklärte, man habe sich „intensiv mit Emmanuel beschäftigt“ und sehe in ihm den idealen Spieler für das Offensivkonzept; neben seiner großen Schnelligkeit bringe er körperliche Robustheit mit. Iwe selbst freute sich auf die „Energie und Leidenschaft“ der Mannheimer Fans. Sportdirektor Schober machte deutlich, dass der Mannschaft im letzten Drittel Tempo gefehlt habe. Deshalb habe man gezielt nach einem Spieler mit diesem Profil gesucht.
Adama Diakhaby – internationale Erfahrung und Tempo
Am 7. Juli 2025 folgte der Transfer des 29‑jährigen Franzosen Adama Diakhaby, der zuvor u. a. für Huddersfield Town, AS Monaco und Nottingham Forest gespielt hatte. Der ehemalige U‑21‑Nationalspieler bringt Erfahrung aus Premier League, Ligue 1 und Champions‑League mit. Zuber hob seine „hohe Geschwindigkeit und Dynamik“ hervor und sagte, er könne „für viel Wirbel sorgen“. Schober begründete den Transfer damit, mehr Tempo ins Offensivspiel bringen zu wollen; Diakhaby passe „hervorragend“ zur Spielidee.
Jascha Brandt – U‑23‑Talent mit Flexibilität
Am 23. Juni 2025 nahm der SVW den 22‑jährigen Offensivspieler Jascha Brandt unter Vertrag. Der gebürtige Bremer wechselte von der U‑23 des SC Paderborn. In der vergangenen Regionalliga‑Saison absolvierte er 27 Spiele und erzielte elf Scorerpunkte. Zuber beschrieb Brandt als Spieler, der „viel Tempo ins Offensivspiel bringt“ und flexibel einsetzbar ist. Schober ergänzte, man habe jemanden gesucht, der die U‑23‑Regel erfüllt und dennoch „sofort Einfluss nehmen“ könne; Brandt sei wegen seiner enormen Schnelligkeit verpflichtet worden.
Diego Michel – Spielmacher mit Abschlussstärke
Kurz vor Saisonbeginn wurde am 23. Juli 2025 der 27‑jährige Diego Michel vom FC Sochaux verpflichtet. Er bringt Erfahrung aus 79 Drittligaspielen in Frankreich mit und erzielte 16 Scorerpunkte. Zuber bezeichnete ihn als „sehr interessanten Spieler“, der das Spiel im zentralen Mittelfeld bereichern könne; Michel habe eine gute Übersicht, setze Mitspieler gekonnt in Szene und könne selbst aus der zweiten Reihe torgefährlich werden. Schober erklärte, das Ziel sei es, aus einer stabilen Defensive heraus mehr Torgefahr zu entwickeln; Michel erhöhe „die Qualität und den Konkurrenzkampf im Kader“.
Jan Niemann – junger Keeper als Perspektivspieler
Bereits am 23. Juni 2025 verpflichtete der SVW den 20‑jährigen Torhüter Jan Niemann von Teutonia Ottensen. Der 1,99 Meter große Schlussmann absolvierte in der Regionalliga 24 Einsätze und blieb dabei sechs Mal ohne Gegentor. Zuber erläuterte, die Trainer Dominik und Nils kennten Niemann aus der Zeit in Ottensen und seien überzeugt, dass der junge Torhüter unter Profibedingungen „ohne Druck“ reifen könne. Schober wies darauf hin, dass Niemann trotz seines Alters bereits viele Anlagen eines modernen Torwarts mitbringe; man wolle ihm die Möglichkeit geben, sich im Trainingsbetrieb weiterzuentwickeln.
Der Saisonauftakt: Bewährte Elf statt Transfer‑Offensive
Am 2. August 2025 startete der SV Waldhof Mannheim im Carl‑Benz‑Stadion gegen den SC Verl in die neue Drittligasaison. Rund 11 700 Zuschauer sahen eine Partie, die 65 Minuten lang in Überzahl gespielt wurde, nachdem Verls Joshua Eze in der 24. Minute wegen einer Notbremse die Rote Karte gesehen hatte. Trainer Glawogger vertraute vollständig auf die Stammkräfte der Vorsaison. Lucien Hawryluk stand im Tor, davor spielten Lukas Klünter, Tim Sechelmann, Malte Karbstein und Sascha Voelcke. Im Mittelfeld agierten Maximilian Thalhammer und Julian Rieckmann, während Kennedy Okpala, Arianit Ferati und Nicklas Shipnoski die offensive Dreierreihe hinter Stürmer Felix Lohkemper bildeten.
Die in der Sommerpause verpflichteten Spieler saßen entweder auf der Bank oder fehlten im Kader: Diego Michel kam erst zur zweiten Halbzeit für Kapitän Klünter, Adama Diakhaby ersetzte Shipnoski und Emmanuel Iwe kam für Okpala. Torhüter Jan Niemann blieb ebenso Zuschauer wie Jascha Brandt, der noch auf sein Pflichtspiel‑Debüt wartete.
Spielverlauf und Leistungsanalyse
Obwohl die Mannschaft nach dem frühen Platzverweis über weite Strecken dominierte, kam sie nicht über ein 2:2‑Unentschieden hinaus. Ex‑Waldhöfer Berkan Taz brachte Verl zweimal in Führung, jeweils per Distanzschuss (13. und 51. Minute). Felix Lohkemper glich beide Male aus, zunächst nach Zuspiel von Tim Sechelmann (33.), später per Kopf nach Flanke von Arianit Ferati (57.). Trotz Überlegenheit fehlte dem SVW die Durchschlagskraft, um das Spiel zu gewinnen. In der Schlussphase hatte der eingewechselte Diego Michel die große Chance, als er nach einer Ecke den Gäste‑Torwart zu einer Parade zwang.
Rätselraten um die Transferpolitik
Die Tageszeitung „Sportkurier Mannheim“ sprach nach dem Spiel von einem „Rätsel um Waldhofs Neuzugänge“. In dem Kommentar heißt es, es sei „sonderbar“, dass kein einziger Neuzugang in der Startelf stand; Glawogger habe ausschließlich auf Spieler gesetzt, „die in der Vorsaison bereits mit einem Bein in der Regionalliga standen“. Insbesondere auf den offensiven Außenbahnen sollte durch die Neuzugänge Emmanuel Iwe, Kushtrim Asallari (kam von Borussia Mönchengladbach II) und Adama Diakhaby mehr Tempo entstehen. Dennoch vertraute Glawogger erneut dem letztjährigen Stammspieler Nicklas Shipnoski, der im Vorjahr eher enttäuscht hatte. Auch die erfahrenen Vereinsikonen Marcel Seegert und Terrence Boyd standen gar nicht erst im Kader.
Mögliche Gründe für die Entscheidung
Kontinuität statt Risiko: Glawogger hielt während der Sommervorbereitung an einer eingespielten Startelf fest. Die Mannschaft hatte im Saisonendspurt Vertrauen aufgebaut und den Klassenerhalt gesichert. Der Trainer könnte geglaubt haben, dass eine gewachsene Struktur die Chance auf einen guten Start erhöht.
Fitness und Integration: Einige Neuzugänge kamen spät (Diakhaby und Michel schlossen sich erst im Juli an) und mussten zunächst Rückstand im Training aufholen. Zuber betonte, man wolle Diakhaby „schnellstmöglich in die Mannschaft integrieren“, was impliziert, dass er noch nicht vollständig eingespielt war.
Positionsspezifische Konkurrenz: In einigen Mannschaftsteilen gibt es erfahrene Stammspieler. Im Mittelfeld konkurrieren der technisch starke Ferati sowie Thalhammer mit Neuzugang Michel.
Taktische Überlegungen: Glawogger bevorzugte im Heimspiel gegen Verl ein 4‑1‑2‑3‑System mit Schwerpunkt auf Ballkontrolle. Eventuell wollte er erst im Verlauf auf Tempo‑Dribbler wie Iwe oder Diakhaby setzen – allerdings verpuffte dieser Effekt, weil sie spät eingewechselt wurden.
Ausblick
Der Saisonstart hat gezeigt, dass der Weg des SV Waldhof Mannheim zwischen Kontinuität und Innovation verläuft. Die sportliche Leitung hat mehrere spannende Spieler verpflichtet, die Tempo und Kreativität bringen sollen. Gleichzeitig hält Trainer Dominik Glawogger an der Mannschaft fest, die ihm den Klassenerhalt gerettet hat.
Ob dieses Modell funktioniert, wird sich in den kommenden Wochen zeigen. Der nächste Härtetest wartete bereits am 10. August 2025 beim ambitionierten Aufsteiger Hansa Rostock. Spätestens dort wird Glawogger vermutlich rotieren, denn einige erfahrene Spieler benötigen Spielpraxis und die neuen Offensivkräfte warten auf ihre Chance. Eines ist sicher: Die Geduld der Fans ist nach dem 2:2‑Remis gegen Verl begrenzt, und die Diskussion um die Startelf wird den Trainer weiter begleiten.
