Ultras vereinen sich in Leipzig: Breites Fanbündnis protestiert gegen geplante Sicherheitsverschärfungen

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In Leipzig haben am Sonntag tausende Fußballfans, von kleinen Kurven bis hin zu den größten Ultra-Gruppierungen, ein gemeinsames Zeichen gesetzt. Die Demonstration richtete sich gegen angedachte Verschärfungen von Sicherheitsbestimmungen in deutschen Stadien und gegen verdachtsunabhängige Stadionverbote. Auffällig: Trotz aller Rivalitäten trat die Fanszene geschlossen, diszipliniert und friedlich auf, ein Signal, das bis in Politik, Verbände und Vereine hineinreichen soll.

Breites Bündnis aus allen Himmelsrichtungen

Rund 50 Gruppen aus dem gesamten Bundesgebiet reisten per Zug, Bus oder Auto nach Leipzig. Auf dem Innenstadtring formierten sich Ultras u. a. aus Berlin, Dresden, Stuttgart, Rostock, Köln, Hamburg, Hannover, Freiburg, Kiel, Saarbrücken, Aue, Aachen, Cottbus, Chemnitz und Leipzig. Die Polizei zählte etwa 8.000 Teilnehmende, die Veranstalter sprachen von bis zu 20.000. Farblich bunt, im Zug jedoch strikt geordnet, zogen die Kurven nebeneinander, aber mit einer Stimme.

Kernbotschaft: Gegen pauschale Repression

Die Demonstrierenden wenden sich gegen schärfere Auflagen in Stadien und gegen Stadionverbote ohne konkreten Verdacht. Für viele sei das der Kern ihres Engagements. Mitorganisator Toni aus Jena brachte es auf den Punkt: „Wenn wir Ultras zusammenstehen, kann uns keiner aufhalten.“ Nach seiner kurzen Ansprache auf dem Richard-Wagner-Platz folgte lauter Applaus und Erleichterung darüber, dass die Demo friedlich blieb.

„Große“ und „kleine“ Szenen Seite an Seite

Philipp Beitzel von der Koordinierungsstelle Fanprojekte (KOS) hob die Zusammensetzung des Protests hervor: „Dass die großen Szenen wie Dynamo, Hertha, Hansa, der HSV und Union so stark erscheinen, war vielleicht klar und entsprechend auch beeindruckend. Aber genauso gehört zu dem Bild, dass auch kleinere Fanszenen, wie die TSG Neustrelitz oder der SV Sandhausen, heute ihre Interessen artikuliert haben“, so Beitzel. Gleichzeitig richtete er den Blick auf die Verantwortung der Institutionen: „Auch die Vereine und Verbände wurden heute nochmal eindringlich in die Pflicht genommen, sich in dieser Sache mehr für die Fans zu engagieren“, so Beitzel.

Disziplin statt Rivalität – Kritik an Politik und Polizei

Der Aufzug brauchte allein für die geordnete Aufstellung über eine Stunde. Immer wieder wurde intern betont, dass der Tag friedlich verlaufen soll; Rivalitäten blieben bewusst außen vor. Sprecher Toni formulierte es so: „Es ist klar geworden, dass es einen größeren Feind als unsere Rivalität gibt: Polizei und Politik.“ Auch Aussagen aus der Politik, etwa das Lob der RB-Fankultur durch Sachsens Innenminister Armin Schuster, wurden in Teilen der Menge als provokant wahrgenommen.

Von Stille zu Sprechchören – und ein Fazit

Zunächst herrschte am Goerdelerring ungewohnte Ruhe, ehe der Zug loszog und stadienübliche Sprechchöre die Leipziger Demoroute begleiteten, bis zum Ende. Am Abend bilanzierte das Orgateam: „Wir sind sehr zufrieden, es ist alles wunderbar gelaufen“, hieß es. Nicht alle Kurven waren vertreten; Szenen aus Frankfurt, Magdeburg, Mönchengladbach, Dortmund, Gelsenkirchen und Leipzig-Leutzsch fehlten. Die BSG-Chemie-Ultras adressierten ihre Botschaft separat aus dem heimischen Kunze-Sportpark. Aus dem Orgateam hieß es mit Blick auf die künftige Zusammenarbeit: „Letztlich muss jede Szene vor Ort auch selbst wissen, ob sie sich beteiligen wolle“, zugleich seien weitere gemeinsame Formate denkbar.

Einordnung für Liga3: Warum das Thema die dritte Liga betrifft

Die dritte Liga lebt von intensiver Fankultur und hohen Auswärtsfahrzahlen. Geplante Sicherheitsverschärfungen oder pauschale Stadionverbote träfen zahlreiche 3.-Liga-Klubs und ihre aktiven Szenen unmittelbar – vom Choreoverbot bis zu restriktiveren Einlassregeln. Das Leipziger Fanbündnis zeigt: Die Diskussion reicht weit über einzelne Vereine hinaus und betrifft die gesamte Fußballpyramide.

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